LEBENDIG ist das erste Buch, das
ich von Jack Ketchum gelesen habe. Nun habe ich schon von einigen Leuten, deren
Urteil ich traue, gehört, dass es wohl eines seiner schwächeren Werke ist und man
nicht von diesem auf seine anderen schließen soll. Also tue ich das nicht und
werde dem Autor irgendwann noch eine Chance geben. Denn eines stimmt: der Roman
ist eher schwach. Also ist es ja gut möglich, dass die andere Einschätzung auch
stimmt und andere Sachen von Ketchum um Längen besser sind.
LEBENDIG erzählt die Geschichte
von Sara, die mit ihrem verheirateten Geliebten auf dem Weg zu einer
Abtreibungsklinik entführt wird. Ihre Entführer, ein Pärchen, das
offensichtlich zu einer Gruppe radikaler Abtreibungsgegner gehört, machen Sara
weiß, dass eine mächtige Geheimorganisation hinter ihnen steht. Aber ob dem so
ist, weiß die in ein Kellerverließ eingesperrte Frau nicht. Vielleicht ist sie
auch nur die Gefangene eines Sadisten, der Spaß daran hat, sie zu foltern und seiner Freundin, die sich ein Baby wünscht.
Eine durchaus interessante
Ausgangssituation hat dieser kurze Roman schon. Doch leider macht Ketchum
daraus zu wenig. Er beschreibt mal hier und da ein paar Folterungen, er
beschreibt, wie Sara versucht, sich mit ihren Peinigern zu arrangieren, er
beschreibt ihre Fluchtgedanken. Aber er beschreibt nur. Und er beschreibt kühl
und distanziert. Dadurch bleibt auch eine große Distanz zu den Figuren. Und
durch diese Distanz kann man auch keine wirkliche Empathie für das Opfer
aufbauen und das ist in Romanen dieser Art nunmal das A und O.
Das Entführerpärchen bleibt auch
blass. Sie misshandeln ihr Opfer und es wird auch kurz versucht eine Erklärung
für ihr Tun zu entwerfen, aber das ist mehr oder weniger eine 08/15-Erklärung.
So wirkt dieser kurze Roman schlicht wie der Versuch auf möglichst wenigen
Seiten möglichst viele Folterszenen unterzubringen. Das an sich wäre nicht
verwerflich, aber dass diese Folterszenen nur um ihrer selbst willen
beschrieben werden und die Handlung nicht voranbringen sowie durch die Distanz zu den Figuren nicht „mitgelitten“
werden kann, macht die Geschichte schlicht und ergreifend zu einer reinen Folter-show für Voyeure, die Spaß an so etwas haben. Der Roman hat
keine Seele und ist kein bisschen spannend.
Roman
Titel der amerikanischen Originalausgabe: RIGHT TO LIFE (1998)
Aus dem Amerikanischen von Kristof Kurz
Heyne Hardcore, Mai 2014
224 Seiten
8,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3453678589auch als E-Book (7,99 €) ) erhältlich
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