Donnerstag, 29. Januar 2015

Stephen Hunter: Nachtsicht



Bob Lee Swagger, Vietnam-Veteran und Scharfschütze,  ist der Held von Stephen Hunters Romanreihe, dessen zweiter Band Black Light unter dem Titel Nachtsicht nun zum ersten Mal in deutscher Übersetzung vorliegt. Aber dieser 1996 in den USA erschienene Roman ist mehr als der zweiter Band der Bob-Lee-Swagger-Reihe: In der Danksagung zu Nachtsicht schreibt Hunter, dass es der Abschluss einer Trilogie sei, zu der er neben dem ersten Band der Swagger-Reihe Point of Impact (deutsch: Shooter, Festa 2014), auch den Roman Dirty White Boys zählt. Hier muss ich übrigens auf einen kleinen Fehler hinweisen: Als Anmerkung steht in der Danksagung, dass Dirty White Boys noch nicht auf Deutsch erschienen ist. Das ist so nicht ganz richtig. Der Roman erschien 1997 unter dem Titel Die Gejagten schon einmal bei List. Allerdings hege ich die Vermutung, dass bei dieser Übersetzung, wie auch schon bei der Deutschen Erstausgabe von Point of Impact (Im Fadenkreuz der Angst, List 1994), Kürzungen vorgenommen worden sind. Also muss man dem Festa Verlag dankbar sein, dass er nach Shooter in seiner Crime-Reihe nun den zweiten Bob-Lee-Swagger-Roman in ungekürzter Übersetzung herausbringt und hoffen, dass auch die weiteren Swagger-Romane folgen werden.

Zwei Jahre nach Black Light erschien 1998 nämlich der dritte Bob-Lee-Swagger-Band und nach der erfolgreichen Verfilmung von Point of Impact (Shooter, 2006, Regie: Antoine Fuqua) mit Mark Wahlberg reaktivierte Hunter seine erfolgreiche Figur und liefert seitdem in schöner Regelmäßigkeit neue Romane mit dem Scharfschützen (und sogar einen mit seinem unehelichen Sohn) ab. Aber auch in den Jahren zwischen dem dritten und vierten Roman der Reihe ließ die Familie Swagger den Autor nicht los. Er schrieb drei Bücher, in denen Bob Lees Vater Earl die Hauptfigur war. Und um ebendiesen Vater geht es auch zum großen Teil in Nachtsicht, denn nicht umsonst ist der Untertitel des Romans "Er jagt die Mörder seines Vaters".

Donnerstag, 15. Januar 2015

Christian Sidjani (Hrsg.): Horror Legionen II


Die in meiner Besprechung (hier) des ersten von Doc Nachtstrom im Sommer 2013 herausgegebenen  Bandes der Horror Legionen schon angekündigte Fortsetzung erschien  Ende des Jahres 2014 endlich im Amrûn Verlag . Was hat sich nun im zweiten Band geändert? Zunächst einmal hat der Herausgeber gewechselt. Der Hamburger Autor Christian Sidjani zeichnete sich diesmal für die Auswahl der Geschichten und  das Vorwort der Anthologie verantwortlich. Und noch etwas sticht sofort ins Auge: Das von Mark Freier gestaltete Cover ist um Längen besser als das Cover der ersten Horror Legionen. Aber das Konzept ist das Gleiche geblieben. Es wird versucht, einen Querschnitt der deutschsprachigen Horrorliteratur anhand von Kurzgeschichten zu zeigen.

Insgesamt 19 Autoren folgten Sidjanis Aufruf und lieferten 18 Kurzgeschichten für den Almanach deutscher Horror-und-Mystery-Autoren - so der Untertitel - ab. Da kein Thema vorgegeben war, ist es nur logisch, dass ein breites Spektrum abgedeckt wurde. Da bleibt es nicht aus, dass nicht jedem Leser, jede Erzählung gefallen wird, wie der Herausgeber auch in seinem Vorwort feststellt: „Es mag sein, dass nicht jede Geschichte, dir auf der Reise gefällt, aber du wirst feststellen, wie facettenreich Horror sein kann.“ Und damit hat er voll und ganz Recht.  

Auch die Frage mit der Sidjani sein Vorwort eröffnet ist klug gewählt. Er fragt nicht: "Was ist Horror?", sondern er fragt: „Was ist Horror für dich?“. Denn kein anderes Genre hat so individuell festgelegte Grenzen wie Horror. Die Frage, wann hört der Thriller auf und wann fängt der Horrorroman an, kann nur jeder für sich selbst beantworten. Und die Abgrenzung zum Thriller ist nicht die einzig schwierige. Ist z.B. Alien eher ein Science-Fiction- oder ein Horrorfilm? Ich kann das nicht eindeutig beantworten. Und was für den einen der größte Alptraum überhaupt ist, ringt der anderen vielleicht gerade mal ein müdes Lächeln ab.  Horror oder vielleicht Furcht allgemein, denn das ist das Gefühl, was diese Art Literatur erzeugen will,  ist ein sehr persönliches Gefühl. Wenn man nun mit dieser Prämisse an dieses Buch herangeht, wird man nicht enttäuscht. Einige der besten deutschen Genrevertreter zeigen, warum sie zurecht für diese Anthologie ausgewählt worden sind. Von anderen hat man durchaus schon Besseres gelesen. Aber vielleicht ist das ja auch nur mein subjektives Empfinden. Gehen wir also in medias res  und betrachten die Erzählungen im Einzelnen:

Freitag, 9. Januar 2015

Sarah Pinborough & F. Paul Wilson: Die letzte Plage


Diese Kollaboration der britischen Autorin Sarah Pinborough mit dem US-amerikanischen Schriftsteller F. Paul Wilson (bekannt vor allem durch seine Handyman-Jack-Romane) war im letzten Jahr für den Stoker Award, dem wohl renommiertesten amerikanischen Preis für Horrorliteratur, nominiert und musste sich am Ende nur Stephen Kings DOCTOR SLEEP geschlagen geben. Es ist beileibe keine Schande gegen King zu verlieren, aber auch DIE LETZTE PLAGE wäre ein wahrhaft würdiger Preisträger gewesen. Der Luzifer Verlag hat sich die deutschen Rechte für diesen Roman an Land gezogen und so kommen wir recht früh zu dem Vergnügen, diese exzellente Dystopie in übersetzter Fassung lesen zu können.

Die Menschheit geht zu Grunde. Diesmal sind es keine Zombies oder irgendwelche Killerviren, die dem Homo Sapiens den Garaus machen, sondern es sind mutierte Fliegen, durch deren Bisse Menschen an einer in drei Tagen tödlich verlaufenden Autoimmunkrankheit erkranken. Erzählt wird die Geschichte des Enthüllungsjournalisten Nigel, der dem Ursprung der zunächst in Afrika aufgetretenen  Mutation auf der Spur ist und seiner Frau Abby, einer an Lupus erkrankten Krankenschwester, die durch ihre Krankheit zurück zum katholischen Glauben gefunden hat. Als Nigels Story über den Ursprung der Seuche ohne wirkliche Verifizierung an die Öffentlichkeit gerät, passiert ein Unglück (der vermeintliche Verursacher der Mutation und seine Familie werden gelyncht), dass er dadurch zu kompensieren versucht, ein verschwundenes Kind wiederzufinden. Währenddessen hört die Zivilisation, wie wir sie kennen, auf zu existieren.

Donnerstag, 8. Januar 2015

Cheryl Kaye Tardif: Wilder Fluss


Laut Klappentext ist dieser Roman ein Thriller um Stammzellenforschung, Klontechnik und Weltherrschaftspläne. Das hört sich eigentlich recht interessant an und ein wenig entwickelt sich der Roman auch im zweiten Teil in Richtung dieser Themen. Doch zuallererst ist es ein Roman über die Suche einer Tochter nach ihrem vor sieben Jahren verschwundenen Vater.

Die Protagonistin Del Hawthorne, 33 Jahre alt und Professorin für Anthropologie in Vancouver, bekommt einen Hinweis, dass ihr verschwundener und für tot erklärter Vater doch noch lebt. Ein alter Freund des Vaters, der zusammen mit ihm verschwunden war, taucht schwer erkrankt wieder auf und gibt ihr diesen Hinweis. Sie macht sich mit einer Gruppe Freiwilliger auf den Weg zu dem mysteriösen  Fluss (Nahanni River) im Norden Kanadas, wo sich die Spur ihres Vaters verloren hat. Und dort angekommen, werden auch die im Klappentext angesprochenen Themen plötzlich mehr oder weniger relevant. Aber ein Hauptthema lässt sich auch dann nicht ausmachen.

Das hört sich zunächst alles nicht uninteressant  an. Aber so etwas wie Spannung kommt leider an keiner Stelle des Romans auf. Es fängt damit an, dass ausnahmslos alle Figuren Stereotypen darstellen und mit unglaublicher Attraktivität beschenkt wurden (außer den Bösen versteht sich). Del ist hübsch und der ehemalige Assistent ihres Vaters („Mr. Ach-so-sexy“) scheint direkt aus dem Katalog für tolle Kerle entsprungen zu sein.