Freitag, 15. November 2013

Paul Cleave: Opferzeit


OPFERZEIT ist der mittlerweile siebte Roman, den der neuseeländische Autor Paul Cleave bei Heyne veröffentlicht. Und in diesem spielt die Hauptfigur aus dem ersten Buch (DER SIEBTE TOD), der Serienmörder Joe Middleton (Slow Joe) wieder die tragende Rolle. Die fünf Romane dazwischen spielten ebenfalls alle in Christchurch und das Personal der Romane hat in fast jedem der Bücher seine mehr oder weniger großen Auftritte.

OPFERZEIT beginnt ca. ein Jahr nach den Geschehnissen von DER SIEBTE TOD. Slow Joe sitzt im Knast und wartet auf seinen Prozess. Er spricht mit seinem Anwalt, wird psychiatrisch begutachtet und hat Stress mit Wärtern und Mitgefangenen. Das wird, wie auch im ersten Band der Reihe, alles aus seiner Perspektive erzählt. Aber es gibt noch zweieinhalb andere Erzählstränge, die in der dritten Person geschildert werden. Zum einen ist da Detective Inspector Schroder, der Slow Joe ins Gefängnis gebracht hat. Mittlerweile vom Dienst suspendiert (wieso, erfährt man in DAS HAUS DES TODES) arbeitet er fürs Fernsehen. Er nimmt mit Joe Kontakt auf, um ihm ein Angebot zu übermitteln, das nicht im Sinne seiner ehemaligen Kollegen ist. Und zum anderen gibt es Melissa X, Joes Freundin aus DER SIEBTE TOD, die in Raphael (der halbe Erzählstrang), dem Vater eines der Opfer von Joe, einen Komplizen gefunden zu haben scheint, um ihr Vorhaben durchzuziehen und Joe gänzlich aus dem Verkehr zu ziehen. Natürlich treffen sich die Figuren aus den einzelnen Strängen ab und an. Und auch sonst treten viele Figuren aus Cleaves bisherigen Büchern in irgendeiner Form wieder auf.

Donnerstag, 7. November 2013

Stephen King: Doctor Sleep



„Im Grunde kennt die Literatur nur zwei große Themen: Die Liebe und den Tod. Der Rest ist Mumpitz.“ Ich hätte nicht gedacht, dass ich in einer Rezension einmal Marcel Reich-Ranicki zitiere. Aber hier passt es. Natürlich kann man sich darüber streiten, ob der Rest wirklich „Mumpitz“ ist (für mich ist er es nicht), aber so ganz falsch lag er mit dieser Sichtweise nicht, weil sich doch vieles in der Literatur um Liebe oder Tod dreht. Aber warum dieses Zitat zu Beginn der Besprechung von DOCTOR SLEEP)? Weil dieser Roman ein Hauptthema hat. In seinem letzten großen Roman DER ANSCHLAG hat sich King mehr mit dem anderen „großen Thema“, der Liebe, beschäftigt. Doch hier ist es, wie so oft in seinen Romanen (und wie so oft in der Horrorliteratur) der Tod.

DOCTOR SLEEP ist die Fortschreibung von Kings Roman SHINING aus dem Jahr 1977. SHINING ist wahrscheinlich nicht nur für mich einer der besten King-Romane, was ihn gleichzeitig auch zu einem der besten Horror-Romane überhaupt macht. King war sich natürlich bewusst, dass er ein Wagnis eingeht, wenn er die Geschichte des kleinen Jungen Danny Torrance weiter erzählt. Im Nachwort zum Buch schreibt er ganz richtig: „Ich denke gern, dass ich immer noch ganz gut schreiben kann, aber nichts kann der Erinnerung an etwas gerecht werden, bei dem wir uns ordentlich gegruselt haben, wirklich nichts, besonders wenn diese Erinnerung aus einer Zeit stammt, in der man jung und leicht zu beeindrucken war.“ Im ersten Teil des Satzes untertreibt er ein wenig, aber sonst trifft der Satz den Nagel auf dem Kopf. Das war auch der Grund, warum ich SHINING nicht noch einmal gelesen habe, um mich auf die Lektüre von DOCTOR SLEEP einzustimmen. Den Zauber, den Grusel und die Angst, die dieser Roman bei meinem 15- oder 16jährigem Ich erzeugt hat, kann er unmöglich heute auch noch entfalten. Also habe ich meine spärlichen Erinnerungen angezapft, die aber während der Lektüre dieses Buches immer wieder aufgefrischt wurden.

Mittwoch, 6. November 2013

Dietmar Dath: Pulsarnacht



Science Fiction ist ein  Teilgebiet der Phantastik, welches mir eigentlich nicht so liegt. Will sagen, so viele reinrassige Science-Fiction-Romane habe ich noch nicht gelesen. Dan Simmons‘ HYPERION gehört zwar, wenn ich solch eine Liste mal aufstellen würde, zu den Top Ten der besten von mir gelesenen Bücher, aber sonst interessieren mich Weltraumabenteuer eher weniger. Warum habe ich also dann zu PULSARNACHT gegriffen? Der Grund ist Dietmar Dath. Ich schätze ihn schon lange. Das erste Mal aufgefallen ist er mir, als er ein Buch aus der Edition Phantasia im Feuilleton der FAZ besprochen hat. Das gab es vorher so nicht. Also habe ich mich mehr mit dem Feuilletonisten beschäftigt und in Popkultur, Mathematik und Marxismus weitere gemeinsame Interessengebiete außer der Phantastik gefunden (hier möchte ich kurz sein 2007 bei Suhrkamp erschienenes Buch HEUTE KEINE KONFERENZ. TEXTE FÜR DIE ZEITUNG empfehlen, in dem kurze Texte zu verschiedenen Themengebieten gesammelt erschienen sind).

Eines der 6 (!) Bücher (darunter auch ein Essay zu der Fernsehserie "Lost"), die 2012 von Dath erschienen sind, ist also der Roman PULSARNACHT, erschienen bei dem deutschen Publikumsverlag für Science-Fiction-Literatur: Heyne. Das Buch verlangt dem Leser gleich zu Beginn einiges ab. Dath erschafft eine vollkommen neue zukünftige Welt mit vollkommen neuen Begrifflichkeiten. Diese werden aber nicht erklärt, sondern zunächst einfach in den Raum geworfen. Manche Begriffe erklären sich später aus dem Kontext heraus oder aber auch erst im Glossar am Ende des Romans. Das macht den Einstieg zugegebenermaßen schwierig.

Montag, 4. November 2013

Constantin Dupien (Hrsg.): Mängelexemplare


Der Untertitel der Anthologie ist „…und andere makabre Geschichte“. Laut Duden bedeutet das Wort makaber entweder „durch eine bestimmte Beziehung zum Tod unheimlich“ oder „mit Tod und Vergänglichkeit scherzend“. Da eine makabre Kurzgeschichte sich nicht unbedingt einem Genre zuordnen läst, findet der Leser in dieser Anthologie eine Melange aus verschiedenen Genres. Von klassischem Grusel, über lupenreinen Horror bis hin zu Science Fiction-, Steampunk und Kriminalgeschichten reicht der Bogen, den die Geschichten spannen. Jetzt wende ich mich mal den einzelnen Stories zu, die Herausgeber Constantin Dupien, für die Anthologie herausgesucht hat und schaue mal inwieweit sie auf mich makaber wirken:

Constantin Dupien: Auge um Auge
Die erste Geschichte stammt vom Herausgeber selbst. Die Kurzgeschichten, die ich bisher von ihm kannte, haben meinen Geschmack noch nicht getroffen. Bei dieser Story bedient er sich, wie auch schon in denen der Anthologie ERWACHEN, einer gewollt altmodischen Sprache. Und bei „Auge um Auge“ funktioniert es diesmal gut. Die Sprache passt sehr gut zum Erzählten. Ein Mann verliert sein Augenlicht, seine Freundin pflegt ihn und liest ihm täglich aus seiner umfangreichen Bibliothek vor. Das Ende der Gruselstory  ist nicht wirklich überraschend, aber trotzdem liefert Dupien eine ordentliche Geschichte ab, die nebenbei noch einigen klassische Kriminal- und Gruselgeschichten Respekt zollt.

Hans J. Muth: Ruhe sanft!
Hans J. Muth liefert eine sehr kurze makabre Kriminalgeschichte, deren Inhalt ich hier nicht wiedergeben kann. Denn schon der kleinste Hinweis würde dem erfahrenen Krimileser, der auch schon ein paar Krimianthologien gelesen hat, klar machen, wie das Ende der Geschichte verlaufen wird, weil er eine ähnliche Geschichte schon 134 Mal gelesen hat. Unoriginell und fade.

Freitag, 1. November 2013

Arthur Gordon Wolf: Katzendämmerung



Bis dieser Roman, der eigentlich eine Trilogie ist, endlich komplett das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat, ist einige Zeit ins Land gegangen. Die ersten beiden Teile, Bastet und Sachmet, sind 2008 unter dem Titel KATZENDÄMMERUNG - SCHWARZE STERNE bei Eloy Edictions erschienen. Der dritte Teil, obwohl damals schon lange fertiggestellt, erschien leider nicht mehr. SCHWARZE STERNE belegte bei der Wahl zum Vincent Preis 2008 den dritten Platz in der Kategorie deutschsprachiger Roman, daher ist es umso unverständlicher, dass der dritte Teil nicht nachgeschoben wurde. Dann kamen Steffen Janssen und sein Luzifer Verlag ins Spiel. Der Verlag ist die wohl interessanteste und aufregendste Neugründung in Bezug auf Phantastiche Literatur der letzten Jahre. Der Verlag hatte den Mut die Geschichte komplett herauszugeben und so liegt die Trilogie in einem 671 Seiten starken Band vor.

KATZENDÄMMERUNG beginnt mit der Geschichte der „flammenden Jenny“. In Zeitungsausschnitten und unveröffentlichten Buchauszügen wird von einer jungen Frau erzählt, die nach dem großen Erdbeben von 1906 mysteriös brennend durch San Francisco zieht.  Nach diesem, sagen wir ruhig Prolog, beginnt die eigentliche Romanhandlung. Der Fotograf Thomas Trait schreibt seine Erlebnisse aus den Jahren 1989/90 in drei Etappen – die drei Teile der Roman-Trilogie („Bastet“, „Sachmet“ und „Die rote Göttin“) – auf. Er lernt bei einem Fotoshooting im Zoo von Yucca Springs eine wunderschöne und geheimnisvolle Frau kennen. Nach ersten – wilden – sexuellen Kontakten, ziehen die beiden rasch zusammen. Natascha, so der Name der Dame, hat eine Vorliebe für Artefakte aus dem alten Ägypten und sie wird für Trait immer mysteriöser. Als er versucht ihr Geheimnis zu ergründen kommt er ihrer wahren Identität immer näher. So nah, dass es beiden nicht gut tut. Mehr kann ich zur Handlung hier nicht erzählen, sonst würde es sehr in Richtung Spoiler gehen.