Wie würde die Welt wohl sein,
wenn es tatsächlich Superhelden gäbe? Und wie wären die Superhelden? Wären sie
Beschützer des Guten, Schönen, Wahren? Und wie würden sich die „normalen“ Menschen
fühlen? Brandon Sanderson hat in seinem Roman STEELHEART, der wohl auch der
Beginn einer Serie ist, solch eine Welt erschaffen. Die Superhelden heißen
hier „Epics“ und sind keineswegs die Guten. Sie haben durch ihre verschiedenen Superhelden-Fähigkeiten (Stärke, Unsichtbarkeit, körpereigenen Waffen, etc.) die Macht auf der Erde übernommen und terrorisieren die Menschen.
Jedes Gebiet scheint eigene Tyrannen zu haben, die sich auch untereinander
bekämpfen. Den Menschen ist klar, dass sie den Epics unterlegen sind und sie
versuchen sich in ihrer Situation so gut es geht einzurichten. Aber natürlich
züchtet auch jede Tyrannei Widerstand: Hier sind es die „Rächer“, die mit
kleineren terroristischen Akten versuchen, die Herrschaft der Epics zu
unterminieren.
Und zu eben diesen Rächern möchte
der junge David, der Ich-Erzähler des Romans, gerne dazugehören. Er verlor früh
seinen Vater, als der mächtige Epic und Titelgeber des Romans Steelheart ihnvor
seinen Augen ermordete. Angetrieben durch seinen Wunsch auf Rache, sammelt er
in seiner Kindheit und Jugend alle Informationen, die er über die einzelnen
Epics in seiner Stadt – Newcago, das frühere Chicago, das seit dem Tag der Ermordung von Davids Vatervon Steelheart beherrscht wird – auftreiben kann. Als er
bei einem Anschlag der Rächer plötzlich auftaucht und versucht ihnen zu helfen,
sind diese ihm gegenüber zunächst skeptisch eingestellt. Aber er kann ihr
Vertrauen gewinnen und sie davon überzeugen, dass der einzige Anschlag, der
wirklich etwas verändern könnte, die Ermordung Steelhearts ist.
So weit, so gut. Menschen, die zu
Superhelden werden und ihre Superkräfte dazu benutzen um Macht zu erlangen und
diese dann schamlos missbrauchen. Ein Haufen versprengter Untergrundkämpfer,
die die Mächtigen bekämpfen. Das hätte
etwas werden können. Hätte. Der
Protagonist David, der von der Anlage her alle Zutaten zu einer guten
Identifikationsfigur hat, nervt schon nach kurzer Zeit. Die vermutlich witzig
gemeinten Bemerkungen, mit denen er seine schlechten Metaphern beklagt, machen
seine schlechten Metaphern nicht besser und sind nicht lustig. Die übermächtigen
Epics stellen sich teilweise so dämlich an, dass man sich fragt, wie sie es
geschafft haben die Menschen überhaupt zu unterdrücken. Aber natürlich machen sie nur
dann Fehler, wenn es den Rächern gerade zupass kommt. Wo ich gerade dabei bin –
die Rächer. Der Anführer (Prof) ist natürlich der kluge Stratege und Erfinder,
begleitet von seiner ebenso klugen und technisch versierten Assistentin. Die
Männer fürs Grobe: der eine ein Idealist mit Waffentick, der andere ein
spleeniger Kauz, der immer für einen Lacher gut sein soll (nicht lustig) und
natürlich die junge hübsche Kämpferin, in die sich der Protagonist sofort
vernarrt. Hier wird also erst gar nicht versucht, dezent mit irgendwelchen
Klischees zu spielen. Nein, hier bekommt der Leser jedes Klischee mit dem
Holzhammer um die Ohren gehauen.
Das Buch ist bei Heyne fliegt erschienen. Es zielt also
auf ein eher jüngeres Publikum ab. Entschuldigt das Vorhersehbarkeit,
Logikfehler und Klischees? Ja, vielleicht. Wenn man einen Protagonisten hätte
mit dem man mitfiebern könnte. Ach Mist, der fehlt ja auch. Jetzt fragt man
sich bestimmt langsam, ob der Rezensent denn auch etwas Gutes über das Buch
sagen kann. Und ja, er kann: Die Action-Sequenzen, insbesondere der finale Showdown
haben es in sich. Die waren spannend und
gut beschrieben. Das Problem des Showdowns ist nur, dass er zwangsläufig am
Ende des Buches ist. Und er schafft es gerade einmal, den Roman von einem
Totalreinfall ins hintere Mittelfeld der schwachen Durchschnittlichkeit zu
bugsieren. Es gibt so viele bessere Bücher als das hier, auch und gerade im
Bereich der Fantasy für jüngere Leser, so dass ich es nicht mit reinem Gewissen
empfehlen kann.
Brandon Sanderson: Steelheart
Roman
Titel der Originalausgabe: STEELHEART (2013)
Aus dem Amerikanischen von Jürgen Langowski
Heyne fliegt, Juni 2014
446 Seiten
17,99 € (Gebunden)
ISBN: 978-3453268999auch als E-Book (13,99 €) erhältlich
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen