Dienstag, 7. Januar 2014

Rob Zombie & B. K. Evenson: Lords of Salem



Der Filmregisseur und Musiker Rob Zombie hat sich für sein Romandebüt Unterstützung mit ins Boot geholt. B.K. Evenson, der in den USA schon für einige Genrepreise  nominiert war, ist sein Co-Autor. Natürlich ist es für den Leser schwierig einzuschätzen, was welcher der beiden  Autoren zu dem Roman dazu gesteuert hat, zumal in der Übersetzung von Marcel Häusler auch noch eventuelle stilistische Unterschiede verwässert werden. Aber das soll wohl auch so sein. Ich gehe stark davon aus, dass Rob Zombie den Plot vorgegeben hat, den Evenson, dann romantauglich in Szene gesetzt hat.

LORDS OF SALEM beginnt mit einem Prolog im Jahr 1692 zu Zeiten der  berühmt-berüchtigten Hexenprozesse von Salem (Massachusetts). Die Hexenjäger Mather und Hawthorne töten eine ganze Schar Hexen unter der Führung von Margaret Morgan, die gerade einen Säugling dem Satan geopfert haben, der das Opfer auch wahrhaftig angenommen hat. Als letzten Akt vor ihrem Tod verflucht Margaret Morgan die Nachkommen der beiden Hexenjäger. Schnitt in die Gegenwart: Heidi Hawthorne arbeitet als Radio-DJane und muss zusammen mit zwei Kollegen eine norwegische Goth-Rock-Band namens The Lords (für jemanden, der sich mit deutscher Musikgeschichte auskennt, ist dieser Bandname eher anders besetzt, sodass ich etwas schmunzeln musste, als ich mir Lord Ulli als Gothrocker vorgestellt habe) interviewen. Die Band lässt eine Schallplatte im Sender. Als diese während eines Gesprächs des DJ-Teams mit einem Historiker zu den Hexenprozessen gespielt wird, spricht die Musik besonders einige weiblichen Zuhörer an, aber auf eine Art und Weise, die den Personen in ihrer Nähe alles andere als gut tut.. Auch Heidi Hawthorne erlebt einige Veränderungen. Was passiert in ihrem Nachbarappartement und ist ihre Vermieterin wirklich die nette ältere Hippie-Dame, die sie zu sein scheint. Oder wird sie von der Vergangenheit ihres Vorfahren und dem Fluch Margaret Morgans eingeholt?
Zunächst einmal fällt auf, dass dieser Roman mit einem halbwegs originellen Thema aufwartet. Mal keine Zombies sondern Hexen und der Satan. Mal kein immer ekliger werdender Extrem-Horror sondern eher Old-School-Splatter. Das rechne ich den beiden Autoren schon mal hoch an. Trotzdem haben mich die ersten drei Viertel des Buches nicht überzeugt. Das Problem ist der Erzählstil. Der Roman wirkt über weite Teile wie die genaue Nacherzählung eines Films bzw. eines Drehbuchs. Es wird viel Wert darauf gelegt, ganz genau zu beschreiben, wie das jeweilige Szenenbild aussieht. Kein Detail wird ausgelassen. Es liest sich teilweise wie in Erzählform gebrachte Regieanweisungen. Dazu passt, das den Dialogen sehr viel Raum eingeräumt wird. Ich werde mir in naher Zukunft  Rob Zombies Verfilmung von LORDS OF SALEM anschauen und es  mit dem Roman vergleichen. Mal abwarten, ob es größere Änderungen gibt oder nicht.

Nachdem ich also nach drei Viertel des Romans schon kurz davor war, den Roman unter der Kategorie „Coole Idee – Schlechte Umsetzung“ zu verbuchen, denn von einem Roman erwarte ich etwas mehr als die reine Nacherzählung visueller Aspekte - das kann ein Film besser, dafür brauche ich nicht zu lesen. Also nachdem ich  wirklich dachte, dass wird nix mehr, kam das Finale. Und das hat LORDS OF SALEM noch etwas raus gerissen. Denn hier wird nicht nur beschrieben, hier wird gefühlt, hier werden die Erzählperspektiven gewechselt, hier wird mit den Stilmitteln der Literatur und nicht mit denen des Films gearbeitet. Ich habe die Vermutung, dass hier Evenson das Kommando übernommen hat. Das Finale kann zwar nicht alle vorhergehenden Schwächen wettmachen, aber trotzdem hebt es das Buch noch etwas über den Durchschnitt hinaus. Das und das im Moment eher selten anzutreffende Hexen-Thema machen den Roman für Genrefans zu einem echten Lesevergnügen .

Trotzdem sei die Frage in den Raum gestellt, ob es der Roman auch auf den deutschen Markt geschafft hätte, wenn nicht zufällig Kultregisseur Rob Zombie der Autor gewesen wäre. Ich befürchte, er wäre nicht übersetzt worden, wenn jemand anderes den Roman geschrieben hätte. Für unbekannte Autoren wird es wohl immer schwieriger in einem der großen deutschen Verlage veröffentlicht zu werden. Schade eigentlich. Eine Sache muss ich dem Verlag auch noch ankreiden, in der Autorenvorstellung auf Seite 2 und dem Titel auf Seite 3 wird aus Mister Evenson plötzlich B. K. Everson. So etwas darf einem Verlag wie Heyne eigentlich nicht passieren. Trotzdem möchte ich den Verlag abschließend auch noch loben. Heyne ist so ziemlich der einzige der großen Publikumsverlage, die im Moment noch regelmäßig Horrorromane im Programm haben. Hoffentlich bleibt es so.

Fazit: Die ersten drei Viertel des Romans wirken eher wie eine Filmnacherzählung und bieten trotz des zur Zeit originell wirkenden Plots zwar unterhaltsame, aber nur durchschnittliche Genre-Kost. Das Finale ist aber grandios und entschädigt etwas, so dass am Ende ein positiver Gesamteindruck stehen bleibt.


Rob Zombie & B. K. Evenson: Lords of Salem
Titel der amerikanischen Originalausgabe: LORDS OF SALEM
Deutsche Übersetzung von Marcel Häusler
Heyne, Dezember 2013
400 Seiten
8,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3453315365
auch als E-Book erhältlich (7,99 €)

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