Der Filmregisseur und Musiker Rob Zombie hat sich für sein
Romandebüt Unterstützung mit ins Boot geholt. B.K. Evenson, der in den USA schon
für einige Genrepreise nominiert war,
ist sein Co-Autor. Natürlich ist es für den Leser schwierig einzuschätzen, was
welcher der beiden Autoren zu dem Roman
dazu gesteuert hat, zumal in der Übersetzung von Marcel Häusler auch noch eventuelle
stilistische Unterschiede verwässert werden. Aber das soll wohl auch so
sein. Ich gehe stark davon aus, dass Rob Zombie den Plot vorgegeben hat,
den Evenson, dann romantauglich in Szene gesetzt hat.
LORDS OF SALEM beginnt mit einem Prolog im Jahr 1692 zu
Zeiten der berühmt-berüchtigten Hexenprozesse
von Salem (Massachusetts). Die Hexenjäger Mather und Hawthorne töten eine ganze
Schar Hexen unter der Führung von Margaret Morgan, die gerade einen Säugling
dem Satan geopfert haben, der das Opfer auch wahrhaftig angenommen hat. Als
letzten Akt vor ihrem Tod verflucht Margaret Morgan die Nachkommen der beiden
Hexenjäger. Schnitt in die Gegenwart: Heidi Hawthorne arbeitet als Radio-DJane
und muss zusammen mit zwei Kollegen eine norwegische Goth-Rock-Band namens The
Lords (für jemanden, der sich mit deutscher Musikgeschichte auskennt, ist dieser Bandname
eher anders besetzt, sodass ich etwas schmunzeln musste, als ich mir Lord Ulli als Gothrocker vorgestellt habe) interviewen. Die Band
lässt eine Schallplatte im Sender. Als diese während eines Gesprächs des DJ-Teams
mit einem Historiker zu den Hexenprozessen gespielt wird, spricht die Musik besonders
einige weiblichen Zuhörer an, aber auf eine Art und Weise, die den Personen in ihrer Nähe alles andere als gut tut.. Auch Heidi Hawthorne erlebt einige Veränderungen. Was passiert in ihrem
Nachbarappartement und ist ihre Vermieterin wirklich die nette ältere
Hippie-Dame, die sie zu sein scheint. Oder wird sie von der Vergangenheit ihres
Vorfahren und dem Fluch Margaret Morgans eingeholt?
Zunächst einmal fällt auf, dass dieser Roman mit einem halbwegs
originellen Thema aufwartet. Mal keine Zombies sondern Hexen und der Satan. Mal
kein immer ekliger werdender Extrem-Horror sondern eher Old-School-Splatter.
Das rechne ich den beiden Autoren schon mal hoch an. Trotzdem haben mich die
ersten drei Viertel des Buches nicht überzeugt. Das Problem ist der Erzählstil.
Der Roman wirkt über weite Teile wie die genaue Nacherzählung eines Films bzw.
eines Drehbuchs. Es wird viel Wert darauf gelegt, ganz genau zu beschreiben,
wie das jeweilige Szenenbild aussieht. Kein Detail wird ausgelassen. Es liest
sich teilweise wie in Erzählform gebrachte Regieanweisungen. Dazu passt, das
den Dialogen sehr viel Raum eingeräumt wird. Ich werde mir in naher Zukunft Rob Zombies Verfilmung von LORDS OF SALEM
anschauen und es mit dem Roman
vergleichen. Mal abwarten, ob es größere Änderungen gibt oder nicht.
Nachdem ich also nach drei Viertel des Romans schon kurz
davor war, den Roman unter der Kategorie „Coole Idee – Schlechte Umsetzung“ zu
verbuchen, denn von einem Roman erwarte ich etwas mehr als die reine
Nacherzählung visueller Aspekte - das kann ein Film besser, dafür brauche ich
nicht zu lesen. Also nachdem ich
wirklich dachte, dass wird nix mehr, kam das Finale. Und das hat LORDS OF
SALEM noch etwas raus gerissen. Denn hier wird nicht nur beschrieben, hier wird
gefühlt, hier werden die Erzählperspektiven gewechselt, hier wird mit den
Stilmitteln der Literatur und nicht mit denen des Films gearbeitet. Ich habe
die Vermutung, dass hier Evenson das Kommando übernommen hat. Das Finale kann
zwar nicht alle vorhergehenden Schwächen wettmachen, aber trotzdem hebt es das
Buch noch etwas über den Durchschnitt hinaus. Das und das im Moment eher selten
anzutreffende Hexen-Thema machen den Roman für Genrefans zu einem echten Lesevergnügen .
Trotzdem sei die Frage in den Raum gestellt, ob es der Roman
auch auf den deutschen Markt geschafft hätte, wenn nicht zufällig Kultregisseur
Rob Zombie der Autor gewesen wäre. Ich befürchte, er wäre nicht übersetzt
worden, wenn jemand anderes den Roman geschrieben hätte. Für unbekannte Autoren
wird es wohl immer schwieriger in einem der großen deutschen Verlage veröffentlicht zu
werden. Schade eigentlich. Eine Sache muss ich dem Verlag auch noch ankreiden,
in der Autorenvorstellung auf Seite 2 und dem Titel auf Seite 3 wird aus Mister
Evenson plötzlich B. K. Everson. So etwas darf einem Verlag wie Heyne
eigentlich nicht passieren. Trotzdem möchte ich den Verlag abschließend auch noch loben. Heyne
ist so ziemlich der einzige der großen Publikumsverlage, die im Moment noch
regelmäßig Horrorromane im Programm haben. Hoffentlich bleibt es so.
Titel der amerikanischen Originalausgabe: LORDS OF SALEM
Deutsche Übersetzung von Marcel Häusler
Heyne, Dezember 2013
400 Seiten
8,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3453315365auch als E-Book erhältlich (7,99 €)
"Lords of Salem" bei Amazon
Sehr interessant. Ich pack es mal auf meine WuLi...
AntwortenLöschenLG
unclethom