OPFERZEIT ist der mittlerweile siebte Roman, den der neuseeländische Autor Paul Cleave bei Heyne veröffentlicht. Und in diesem spielt die Hauptfigur aus dem ersten Buch (DER SIEBTE TOD), der Serienmörder Joe Middleton (Slow Joe) wieder die tragende Rolle. Die fünf Romane dazwischen spielten ebenfalls alle in Christchurch und das Personal der Romane hat in fast jedem der Bücher seine mehr oder weniger großen Auftritte.
OPFERZEIT beginnt ca. ein Jahr nach den Geschehnissen von DER SIEBTE TOD. Slow Joe sitzt im Knast und wartet auf seinen Prozess. Er spricht mit seinem Anwalt, wird psychiatrisch begutachtet und hat Stress mit Wärtern und Mitgefangenen. Das wird, wie auch im ersten Band der Reihe, alles aus seiner Perspektive erzählt. Aber es gibt noch zweieinhalb andere Erzählstränge, die in der dritten Person geschildert werden. Zum einen ist da Detective Inspector Schroder, der Slow Joe ins Gefängnis gebracht hat. Mittlerweile vom Dienst suspendiert (wieso, erfährt man in DAS HAUS DES TODES) arbeitet er fürs Fernsehen. Er nimmt mit Joe Kontakt auf, um ihm ein Angebot zu übermitteln, das nicht im Sinne seiner ehemaligen Kollegen ist. Und zum anderen gibt es Melissa X, Joes Freundin aus DER SIEBTE TOD, die in Raphael (der halbe Erzählstrang), dem Vater eines der Opfer von Joe, einen Komplizen gefunden zu haben scheint, um ihr Vorhaben durchzuziehen und Joe gänzlich aus dem Verkehr zu ziehen. Natürlich treffen sich die Figuren aus den einzelnen Strängen ab und an. Und auch sonst treten viele Figuren aus Cleaves bisherigen Büchern in irgendeiner Form wieder auf.
Der Roman bezieht seine Spannung nicht aus der üblichen Mördersuche, sondern in der Frage, ob und wie es zum Prozess gegen Joe kommt und wer überhaupt welches Spiel spielt. Aber in den ersten zwei Dritteln des Romans von Spannung zu sprechen, wäre vielleicht etwas übertrieben. Im letzten Drittel zieht das Tempo des Buches an und es kommt so etwas wie Spannung auf. Davor ist es eher langweilig. Noch dazu gab es einige Fehler in der Story, die mich fast zur Verzweiflung getrieben haben. Da behauptet eine Frau, sie wäre zum Erzählzeitpunkt kurz vor der Niederkunft, wenn sie ihr Baby nicht durch Slow Joes Vergewaltigung verloren hat. Joe sitzt zu diesem Zeitpunkt seit 12 Monaten im Gefängnis. Ihr Gesprächspartner nimmt es ihr ohne weiteres ab. Da frage ich mich, ob der Autor seine Figuren oder seine Leser für dämlich hält oder ich nicht rechnen kann. Oder aber ein Anwalt zieht aus einem Angebot den einzig möglichen logischen Schluss. Schon wird er von einer anderen Figur für einen der cleversten Vertreter seiner Zunft überhaupt gehalten. Und Aktionen die vor zwei Tagen geschehen, sind im nächsten Satz gestern passiert. Da erwarte ich ein bisschen mehr Sorgfalt im Lektorat.
Dass Personen in Thrillern nicht immer logisch handeln, daran habe ich mich gewöhnt. Aber wie unbedarft sich manche Figuren in OPFERZEIT verhalten, ist schon auffällig. Auch hier fühle ich mich als Leser manchmal verschaukelt.
Bezog DER SIEBTE TOD noch einen großen Teil seines Charmes aus der Kluft von Joes Außendarstellung und seinen Gedanken, fällt dieser Charme hier gänzlich weg. Innerhalb einer Seite wechselt Slow Joe von größtmöglicher Arroganz zu größtmöglicher Dummheit. Keine Ahnung, was damit bezweckt werden soll. Plausibel wirkt es jedenfalls nicht.
Die Stärken des Romans, neben der Spannung im letzten Drittel, liegen klar bei den lakonischen Einschüben, die Cleave manchmal bringt. Die Grenzen des guten Geschmacks werden da gerne Mal überschritten und das alles wird mit einer Prise schwarzen Humor gewürzt. Das macht teilweise richtig Spaß. Aber die Ärgernisse können dadurch nicht aufgewogen werden.
Fazit: Leidlich spannender Thriller, der mit einigen logischen Ungereimtheiten und groben Fehlern daher kommt. Dennoch bietet er einigermaßen unterhaltsame Lektüre für zwischendurch.
Paul Cleave: Opferzeit
Die Stärken des Romans, neben der Spannung im letzten Drittel, liegen klar bei den lakonischen Einschüben, die Cleave manchmal bringt. Die Grenzen des guten Geschmacks werden da gerne Mal überschritten und das alles wird mit einer Prise schwarzen Humor gewürzt. Das macht teilweise richtig Spaß. Aber die Ärgernisse können dadurch nicht aufgewogen werden.
Fazit: Leidlich spannender Thriller, der mit einigen logischen Ungereimtheiten und groben Fehlern daher kommt. Dennoch bietet er einigermaßen unterhaltsame Lektüre für zwischendurch.
Paul Cleave: Opferzeit
Thriller
Heyne, Oktober 2013
Originaltitel: Joe Victim (2013)
Aus dem Englischen von Frank Dabrock und Alexander Wagner
662 Seiten
9,99 € (Gebundene Ausgabe)
ISBN: 978-3453437494(auch als E-Book erhältlich: 8,95 €)
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