Donnerstag, 26. Februar 2015

Steven Konkoly: Die Jakarta-Pandemie


Steven Konkoly ist ein sehr erfolgreicher Self Publisher in den USA. Die dystopischen Romane und Actionthriller des Ex-Soldaten sind ständiger Gast in den oberen Regionen der Amazon.com-Charts. Seine Bücher verkaufen sich so gut, dass er seit gut einem Jahr hauptberuflich Schriftsteller ist. Das ist natürlich Grund genug für Amazon diesen Schriftsteller über den eigenen Verlag AmazonCrossing auch in anderen Sprachen auf die jeweiligen Märkte zu bringen. So liegt nun Konkolys Debütroman aus dem Jahre 2010 mit dem Titel Die Jakarta-Pandemie auf Deutsch vor.

Der Titel lässt schon erahnen, dass der Roman eher im Genre Dystopie anzusiedeln ist. Erzählt wird die Geschichte von Alex Fletcher, einem Ex-Marine, der nach seiner Militärzeit sein Geld als Pharma-Vertreter verdient. Das ist jetzt nicht unbedingt ein Beruf, den sympathische Romanhelden sonst ausüben. Darum hängt er ihn auch ziemlich am Anfang des Romans an den Nagel. Denn die ganze Welt wird von einem Grippe-Virus bedroht, der schnell eine Pandemie auslöst. Es handelt sich natürlich um die titelgebende Jakarta-Pandemie. Alex Fletcher ist durch seinen Einsatz im Irak-Krieg etwas psychotisch und hat aus diesem Grund mit seiner Familie - seiner Frau Kate und den beiden Kindern – immer einen Vorrat für den Katastrophenfall in seinem Haus in Maine gebunkert, und zwar egal welche Art Katastrophe sich anbahnt.

Dadurch ist er natürlich im Vorteil gegenüber den Leuten in seiner Wohnsiedlung, die den anfangs noch recht optimistischen Schätzungen der Regierung Glauben schenken. Als dann die Pandemie auch im Nordosten der USA ankommt und Alex sich und seine Familie mehr oder weniger in Quarantäne versetzt, tauchen neue Probleme auf. Die Angst vor einer Ansteckung mit der Krankheit, deren Verlauf mit 20-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich endet, ist nicht mehr die einzige und größte. Dadurch, dass die Fletchers so gut vorbereitet sind, gibt es Neider, die an ihre Vorräte wollen, und als die Infrastruktur zusammenbricht sind plötzlich nicht nur die engen Nachbarn eine Gefahr, sondern auch Menschen von außerhalb, die ihre Bleibe verlassen mussten.

Fangen wir mit dem Positiven an: Die Jakarta-Pandemie ist ein flüssig geschriebener, gut zu lesender Unterhaltungsroman, zu der wohl auch die Übersetzung von Volker Lehmacher einiges beiträgt. Wenn man das Gehirn ausschaltet, könnte man einigermaßen Spaß an der Geschichte haben. Aber zu einem richtigen Kracher im Hirnlos-Bereich, dem ich an sich überhaupt nicht abgeneigt bin, reicht es leider nicht. Der Roman ist 532 Seiten lang, und das ist für die Geschichte, die erzählt wird mindestens 200 Seiten zu lang. Man darf nicht vergessen, dass Die Jakarta-Pandemie mehr oder weniger ein Kammerspiel ist. Die Handlung spielt entweder im Haus der Fletchers oder in anderen Bereichen ihrer Siedlung – der recht abgetrennt liegenden Durham Road.

Nun kann ich nicht behaupten, dass in dem Roman nicht viel passiert. Aber zwischen den Sequenzen, in denen es zur Sache geht, wird geredet. Alex redet mit seiner Frau, Alex redet mit den Nachbarn, wenn Alex nicht mit irgendewem redet, schaut er sich die Nachrichten an oder stellt zum 1000. Mal Überlegungen, wie er seine Familie beschützen kann, an. Alex macht dies, Alex macht jenes. Die Nebenfiguren bleiben alle blass, obwohl sie relativ gewichtige Rollen spielen, da die Figurenmenge durch die Eingegrenztheit des Handlungsortes überschaubar ist. Alleine bei den Dialogen, die auch nicht besonders gut komponiert sind, hätten man bestimmt 100 Seiten rausstreichen können, da sie absolut nichts zum Fortgang der Geschichte beitragen.

Aber das ist noch nicht alles, was mich stört. Alex Fletcher soll wohl so etwas wie ein Sympathieträger sein. Aber das ist er für mich bei Weitem nicht. Natürlich ist es völlig legitim, dass man im Katastrophenfall zunächst einmal an sich und seine Familie denkt. Das würde jeder so machen. Aber Alex Fletcher hat einige unangenehme Eigenschaften, die ihn schwer erträglich machen. Er kategorisiert seine Mitmenschen ein: Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn, und kritisiert an anderen genau das, was er auch tut. Zunächst an sich und die Seinen denken. Er erkennt sofort am Aussehen, der Kleidung oder des Fahrzeugs einer Person, ob er ein guter oder ein schlechter Mensch ist. Das ist Schwarz-Weiß-Denken übelster Sorte. Da ist natürlich klar, dass alles, was von außerhalb kommt, zunächst einmal schlecht ist, und das die Obrigkeit das Volk verarscht, ist natürlich klar.  Das sind alles Sachen, die man aus US-amerikanischen Genre-Romanen schon gewohnt ist, und die ich sonst gut ausblenden kann, wenn die Handlung actiongeladen und schnell ist. Hirn ausschalten und berieseln lassen, wie bei den Action-Filmen der 80er Jahre. Über moralische Bedenken kann man sich später noch unterhalten. Aber wenn es Sequenzen gibt, die sich zäh wie Kaugummi ziehen, wie es in Die Jakarta-Pandemie der Fall ist, hat man Zeit sich auch mal darüber ein paar Gedanken zu machen, und das geht dann eindeutig zu Lasten des Gesamteindrucks, den das Buch macht.

Aber halten wir dem Roman zu Gute, dass es ein Debüt ist. Wenn Konkoly es in späteren Werken geschafft hat, die Schwächen in den Dialogen auszumerzen und gelernt hat, überflüssiges Gelaber wegzulassen, dann kann ich mir durchaus vorstellen, warum er ein so erfolgreicher Self Publisher geworden ist. Denn in den reinen Actionsequenzen zeigt sich, dass er sein Handwerk versteht. Aber ob ich wirklich mehr Romane eines weiteren amerikanischen Ex-Soldaten lesen möchte, der sich in Dystopien und/oder Actionthrillern versucht, würde ich direkt nach der Lektüre von Die Jakarta-Pandemie erst einmal verneinen. Da tummeln sich einige Autoren in diesen Genres, die mich bislang mehr überzeugt haben als Steven Konkoly. (7/15)


Steven Konkoly: Die Jakarta-Pandemie
Titel der amerikanischen Originalausgabe: THE JAKARTA PANDEMIC (2010)
Übersetzt von Volker Lehmacher
Umschlaggestaltung: Bürosüd°
Lektorat: Kerstin Fricke
Satz: Monika Daimer
AmazonCrossing, Januar 2015
534 Seiten
9,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 9781477828632

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