Die deutsche Literaturkritik scheint James Sallis zu lieben. Jedenfalls wird er nach der Nicolas Winding Refns Verfilmung seines Romans DRIVER (Drive, 2005) auch von den deutschen Medien zur Kenntnis genommen. Auf der deutschen Taschenbuchausgabe seiner 2012 erschienen Fortsetzung prangt ein Aufkleber, der dem Leser mitteilt, dass dieser Roman den ersten Platz der KrimiZEIT-Bestenliste inne hatte und Deutschlands im Moment wohl bekanntester Literaturkritiker Denis Scheck wird mit Aussage zitiert: „Stilistisch wieder ein Meisterwerk: kein Satz, kein Wort zuviel“.
Und wer bin ich, dass ich Herrn Scheck widersprechen kann? Also tue ich es auch nicht. Stilistisch ist der Roman erste Sahne. Von den verknappten, auf das Wesentliche reduzierten Formulierungen, könnten sich manch Autorenkollegen eine gehörige Scheibe abschneiden. Aber reicht erstklassiger Stil aus, um einen erstklassigen Roman zu schreiben?
Im Roman wird die Geschichte von Paul West, genannt Driver, weitererzählt. Irgendjemand trachtet ihm nach dem Leben und tötet dabei seine Freundin. Driver versucht nun herauszufinden, wer hinter ihm her ist und der Jagd auf ihn ein zu bereiten. Das ist die Story des nur knapp 150 Seiten langen Romans. Erzählt wird die Geschichte nicht gradlinig, sondern man bekommt immer nur häppchenweise Szenen der Handlung vorgesetzt. So ist es nicht leicht, der eigentlich simplen Handlung zu folgen.
Und das ist in meinen Augen das Manko des Romans. Sallis verlässt sich zu sehr auf seinen Stil und verliert dabei die Handlung aus den Augen. Dazu beglückt uns Driver noch mit seinen im Prinzip recht einfach gehaltenen Lebensweisheiten, die aber zugegebenermaßen sehr treffsicher formuliert sind (Beispiel gefällig?: „Wir sind plötzlich am Leben, flitzen herum wie Kakerlaken, wenn das Licht angeht und dann gehen die Lichter wieder aus“).
Und darum kann ich nicht wirklich etwas mit dem Roman anfangen. Nur stilistische Finesse alleine kann mich nicht an ein Buch fesseln. Da muss noch etwas mehr da sein. Und das finde ich bei DRIVER 2 leider nicht, darum bleibt der Roman für mich im Mittelmaß stecken. Und das ist umso mehr schade, da ich dem Autor einiges zutraue. Da dies mein erster Sallis war, kann ich nicht beurteilen, ob er sich schon immer nur auf seine Formulierungskünste verlassen hat oder in früheren Romanen auch mehr wert auf die Handlung gelegt hat. Das sollte ich mir wahrscheinlich mal anschauen.
Fazit: Mäßig bis gar nicht spannende Suche des Drivers nach seinen Verfolgern. James Sallis verliert leider die Handlung aus dem Auge und kann bei mir trotz sehr guten Stils nicht wirklich punkten.
Roman
Titel der amerikanischen Originalausgabe: DRIVEN
Aus dem amerikanischen Englisch von Jürgen Bürger und Kathrin Bielfeldt
Heyne, Februar 2014
156 Seiten
8,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3453437456auch als E-Book (7,99 €) oder gebunden (Liebeskind; 16,90 €; 08/12)erhältlich
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