Donnerstag, 20. März 2014

Craig DiLouie: Dead



Drei Bücher sind in diesem Jahr schon in deutscher Sprache von Craig DiLouie erschienen. Zum einen sein 2010 im Original erschienener Roman MIT ZÄHNEN UND KLAUEN (TOOTH AND NAIL) und der Beginn einer sechsteiligen Serie mit dem Titel RETREAT (Original 2013 als reine E-Book-Publikation zusammen mit Stephen Knight und Joe McKinney erschienen) im Luzifer Verlag. Zum anderen der Roman, um den es in dieser Rezension dreht: DEAD (THE INFECTION, 2011) im Heyne Verlag. Es ist der erste Teil eines Zweiteilers. Der zweite Teil erscheint im August unter dem Titel DEAD 2 (THE KILLING FLOOR, 2012). All diese Bücher sind dystopische Romane und in allen spielen (zwar nicht unbedingt klassische) Zombies eine Rolle. Das wirkt sich – THE WALKING DEAD sei Dank – im Moment wohl positiv auf die Veröffentlichungsmöglichkeit aus.

In DEAD beginnt alles mit der so genannten „Brüllerei“. Ungefähr ein Fünftel aller Menschen fallen plotzlich unter Schmerzgeschrei um und bleiben regungslos liegen – bis sie drei Tage später wieder „erwachen“ und einen unheimlichen Appetit auf alles Lebendige (vorzugsweise Menschenfleisch) haben. Die Hauptfiguren des Romans ist die Besatzung eines Schützenpanzers, bestehend aus drei US-Soldaten unter dem Kommando von Seargant „Sarge“ Tobey Wilson und fünf Zivilisten, die einige Tage nach dem "Erwachen" versuchen, in Pittsburgh und Umgebung zu überleben. Die fünf Zivilisten, zwei Frauen und drei Männer, sind Vertreter von Rollenmustern, die auf den ersten Blick klassisch wirken: die patente Hausfrau mit Organisationstalent, die das Zepter in der Hand hält und die geborene Führungsperson ist; die hübsche Polizistin, die weiterhin versucht für das einzustehen, was ihr wichtig erscheint, der nerdige Teenager, der in der Extremsituation über sich hinauswächst; der Mathelehrer, der nur ein Ziel hat: seine Familie wiederzufinden und der Priester, der angesichts der Apokalypse an Gott zweifelt.
Der Handlungsbogen ist auch dystopietypisch: eine Gruppe Überlebender der Zombieapokalypse zieht auf der Suche nach einem halbwegs sicheren Ort durch die Gegend und versucht dabei, die sich ihnen in den Weg stellenden Zombies zu eliminieren. Das macht die Panzerbesatzung in DEAD natürlich auch. Zwischendurch wird in Rückblenden erzählt, was die Protagonisten zum Zeitpunkt des Erwachens der „Zombies“ erlebt haben.

Alles in allem scheint die Geschichte also nichts Besonderes zu sein. Trotzdem zählt der Roman für mich zu den besseren Romanen dieser Art, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Woran liegt es? Zum einen an der Glaubwürdigkeit der Figuren. DiLouie hat sie nicht nur so gezeichnet, dass fast jede Handlung nachvollziehbar wird, sondern erklärt auch durch geschickte Rückblenden (nicht die als einzelne Kapitel ausgewiesenen Rückblenden zum Zeitpunkt des „Erwachens“) kurz aber effizient, wie die Protagonisten durch Ereignisse vor der Apokalypse zu den Menschen geworden sind, die sie nach der Apokalypse sind. Sie hinterfragen aber auch ihre alten Standpunkte. Der Soldat und die Polizistin wissen nicht, ob die Werte für die sie einst  (vor einer Woche) gekämpft und die sie beschützt haben, überhaupt noch Bestand haben und ob es sich je gelohnt hat für sie einzustehen. Der Priester zweifelt an Gott und stellt sich angesichts der Situation die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes, wie es schon Hiob in der Bibel getan hat.
Das alles webt DiLouie gekonnt in die Handlung ein und vergisst dabei auch nicht an den entsprechenden Stellen aufs Tempo zu drücken. Die Kampfszenen sind hart, aber nicht überhart und er bietet auch einige Ideen auf, was die postapokalytktischen Gegner betrifft, die ich hier jetzt nicht verraten möchte. Nur soviel: ich möchte ihnen niemals nicht begegnen.

Es ist aber nicht alles nur positiv. Als Kritikpunkt habe ich, das manche Begebenheiten, die durchaus wichtig für den Fortlauf der Handlung sind, nur kurz angerissen werden und damit abgehandelt sind. Das wirft Fragen auf, wo eigentlich keine notwendig sind. Diese Sachen hätte man entweder ganz weglassen sollen oder es hätte ihnen mehr Raum zugebilligt werden müssen. Aber das mindert das Gesamtvergnügen nur ein wenig.

Das Ende des Buches ist allerdings wieder ein Pluspunkt. Zum einen gibt es gegen Ende Action satt, zum anderen kann man den Eindruck gewinnen, dass die Story auch zu Ende erzählt sein könnte. Es gibt zwar noch ein, zwei offene Fragen, aber mich persönlich hätte es nicht gestört, wenn es keine Fortsetzung gäbe. Das macht aber auch gleichzeitig neugierig auf die im Sommer erscheinende Fortsetzung (OT: THE KILLING FLLOR), denn ich frage mich, wie DiLouie es schafft, den Faden wieder aufzunehmen.

Am Stil der Übersetzung von Ronald M. Hahn, einem „Veteranen“ der Phantastischen Literatur in Deutschland, gibt es rein gar nichts auszusetzen. Und auch DiLouies Stil scheint, so weit man das aus der Übersetzung und einer kurzen Leseprobe des Originals sagen kann, eingängig aber nicht zu einfach zu sein. Dass er sich vor seiner Arbeit an Romanen vor allem als Autor von Sach- und Fachbüchern über Beleuchtungstechnik hervorgetan hat, merkt man an seiner Art zu schreiben jedenfalls nicht. Aber wenn man das weiß, erklärt es die genauen Beschreibungen einiger technischer Details.

Fazit: Gute, wenn auch nicht superoriginelle Dystopie, die zum Besten gehört, was in diesem Segment zur Zeit auf dem Markt ist.

Craig DiLouie: Dead 
Roman
Deutsche Erstausgabe
Titel der amerikanischen Originalausgabe: THE INFECTION (2011)
Deutsche Übersetzung von Ronald M. Hahn
Heyne, März 2014
447 Seiten
8,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3453315316
auch als E-Book (7,99 €) erhältlich

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