Drei Bücher sind in diesem Jahr schon in deutscher Sprache
von Craig DiLouie erschienen. Zum einen sein 2010 im Original erschienener
Roman MIT ZÄHNEN UND KLAUEN (TOOTH AND NAIL) und der Beginn einer sechsteiligen
Serie mit dem Titel RETREAT (Original 2013 als reine E-Book-Publikation zusammen
mit Stephen Knight und Joe McKinney erschienen) im Luzifer Verlag. Zum anderen
der Roman, um den es in dieser Rezension dreht: DEAD (THE INFECTION, 2011) im
Heyne Verlag. Es ist der erste Teil eines Zweiteilers. Der zweite Teil
erscheint im August unter dem Titel DEAD 2 (THE KILLING FLOOR, 2012). All diese
Bücher sind dystopische Romane und in allen spielen (zwar nicht unbedingt
klassische) Zombies eine Rolle. Das wirkt sich – THE WALKING DEAD sei Dank – im
Moment wohl positiv auf die Veröffentlichungsmöglichkeit aus.
In DEAD beginnt alles mit der so genannten „Brüllerei“.
Ungefähr ein Fünftel aller Menschen fallen plotzlich unter Schmerzgeschrei um
und bleiben regungslos liegen – bis sie drei Tage später wieder „erwachen“ und einen
unheimlichen Appetit auf alles Lebendige (vorzugsweise Menschenfleisch) haben.
Die Hauptfiguren des Romans ist die Besatzung eines Schützenpanzers, bestehend
aus drei US-Soldaten unter dem Kommando von Seargant „Sarge“ Tobey Wilson und
fünf Zivilisten, die einige Tage nach dem "Erwachen" versuchen, in Pittsburgh und
Umgebung zu überleben. Die fünf Zivilisten, zwei Frauen und drei Männer, sind
Vertreter von Rollenmustern, die auf den ersten Blick klassisch wirken: die patente
Hausfrau mit Organisationstalent, die das Zepter in der Hand hält und die
geborene Führungsperson ist; die hübsche Polizistin, die weiterhin versucht für
das einzustehen, was ihr wichtig erscheint, der nerdige Teenager, der in der
Extremsituation über sich hinauswächst; der Mathelehrer, der nur ein Ziel hat:
seine Familie wiederzufinden und der Priester, der angesichts der Apokalypse an
Gott zweifelt.
Der Handlungsbogen ist auch dystopietypisch: eine Gruppe
Überlebender der Zombieapokalypse zieht auf der Suche nach einem halbwegs
sicheren Ort durch die Gegend und versucht dabei, die sich ihnen in den Weg
stellenden Zombies zu eliminieren. Das macht die Panzerbesatzung in DEAD
natürlich auch. Zwischendurch wird in Rückblenden erzählt, was die
Protagonisten zum Zeitpunkt des Erwachens der „Zombies“ erlebt haben.
Alles in
allem scheint die Geschichte also nichts Besonderes zu sein. Trotzdem zählt der Roman
für mich zu den besseren Romanen dieser Art, die ich in letzter Zeit gelesen
habe. Woran liegt es? Zum einen an der Glaubwürdigkeit der Figuren. DiLouie hat
sie nicht nur so gezeichnet, dass fast jede Handlung nachvollziehbar wird,
sondern erklärt auch durch geschickte Rückblenden (nicht die als einzelne
Kapitel ausgewiesenen Rückblenden zum Zeitpunkt des „Erwachens“) kurz aber
effizient, wie die Protagonisten durch Ereignisse vor der Apokalypse zu den
Menschen geworden sind, die sie nach der Apokalypse sind. Sie
hinterfragen aber auch ihre alten Standpunkte. Der Soldat und die Polizistin
wissen nicht, ob die Werte für die sie einst
(vor einer Woche) gekämpft und die sie beschützt haben, überhaupt noch
Bestand haben und ob es sich je gelohnt hat für sie einzustehen. Der Priester
zweifelt an Gott und stellt sich angesichts der Situation die Frage nach der
Gerechtigkeit Gottes, wie es schon Hiob in der Bibel getan hat.
Das alles webt DiLouie gekonnt in die Handlung ein und
vergisst dabei auch nicht an den entsprechenden Stellen aufs Tempo zu drücken.
Die Kampfszenen sind hart, aber nicht überhart und er bietet auch einige Ideen
auf, was die postapokalytktischen Gegner betrifft, die ich hier jetzt nicht
verraten möchte. Nur soviel: ich möchte ihnen niemals nicht begegnen.
Es ist aber nicht alles nur positiv. Als Kritikpunkt habe
ich, das manche Begebenheiten, die durchaus wichtig für den Fortlauf der
Handlung sind, nur kurz angerissen werden und damit abgehandelt sind. Das wirft
Fragen auf, wo eigentlich keine notwendig sind. Diese Sachen hätte man entweder
ganz weglassen sollen oder es hätte ihnen mehr Raum zugebilligt werden müssen.
Aber das mindert das Gesamtvergnügen nur ein wenig.
Das Ende des Buches ist allerdings wieder ein Pluspunkt. Zum
einen gibt es gegen Ende Action satt, zum anderen kann man den Eindruck
gewinnen, dass die Story auch zu Ende erzählt sein könnte. Es gibt zwar noch
ein, zwei offene Fragen, aber mich persönlich hätte es nicht gestört, wenn es
keine Fortsetzung gäbe. Das macht aber auch gleichzeitig neugierig auf die im
Sommer erscheinende Fortsetzung (OT: THE KILLING FLLOR), denn ich frage mich, wie DiLouie es schafft, den Faden wieder aufzunehmen.
Am Stil der Übersetzung von Ronald M. Hahn, einem „Veteranen“
der Phantastischen Literatur in Deutschland, gibt es rein gar nichts
auszusetzen. Und auch DiLouies Stil scheint, so weit man das aus der
Übersetzung und einer kurzen Leseprobe des Originals sagen kann, eingängig aber
nicht zu einfach zu sein. Dass er sich vor seiner Arbeit an Romanen vor allem
als Autor von Sach- und Fachbüchern über Beleuchtungstechnik hervorgetan hat,
merkt man an seiner Art zu schreiben jedenfalls nicht. Aber wenn man das weiß, erklärt
es die genauen Beschreibungen einiger technischer Details.
Craig DiLouie: Dead
Roman
Deutsche Erstausgabe
Titel der amerikanischen Originalausgabe: THE INFECTION (2011)
Deutsche Übersetzung von Ronald M. Hahn
Heyne, März 2014
447 Seiten
8,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3453315316auch als E-Book (7,99 €) erhältlich
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