Mittwoch, 16. April 2014

Richard Laymon: Die Klinge

Ich gebe zu, dass ich ein etwas ambivalentes Verhältnis zu Richard-Laymon-Büchern habe. In seinen besseren Büchern gelingt es ihm, dem jeweiligen Genre, in dem es spielt, etwas hinzuzufügen, das auf seine Art und Weise einzigartig ist und das macht sie dann zu solch guter Genreliteratur, wie sie nicht allzu häufig zu finden ist. In seinen schwächeren Büchern reiht er ein Klischee, einen Effekt oder eine Sex- bzw. Tittenszene an die andere, dass es schon weh tut. Trotzdem (oder vielleicht deswegen?) besitzen auch seine schwächeren Bücher einen hohen Unterhaltungswert, wirken aber im Vergleich zu den besseren wie Fingerübungen für zwischendurch. (Nebenbei bemerkt: auch in den erstgenannten Büchern geizt Laymon nicht mit Klischees, Effekten und Titten.

DIE KLINGE muss man leider ein Spätwerk des 2001 im Alter von 54 Jahren verstorbenen Autors nennen, da es im Original 1999 erschienen ist. Das es erst 2014 ins Deutsche übersetzt würde ist zwar schade, aber: besser spät als nie. Bis auf einige wenige Romane und Kurzgeschichten ist schon recht viel von Laymon übersetzt worden und die restlichen Sachen werden uns die Verlage Heyne und Festa hoffentlich auch noch bescheren.
Die Handlung des Romans spielt sich bis auf den Epilog in den USA des Jahres 1975 ab und läuft zwei, wenn nicht sogar dreigeteilt ab. Zum einen  haben wir den jungen psychopathischen Albert, der auf seiner Reise von Illinois aus quer durch die USA eine unübersehbare Spur weiblicher Opfer hinterlässt. Dann hätten wir da noch Janet, eine junge in Kalifornien lebende Dame mit gerade beendeten Studium, die gerade ihren Freund verlassen hat und ein Ensemble von Lehrern und Lehrerinnen einer kalifornischen High School samt ihres ehelichen Anhangs, unter anderem einen Bibliothekar, der auch eine gewichtige Rolle im Roman spielt. Diese Handlungsstränge führt Laymon mehr oder weniger geschickt zum Finale hin natürlich zusammen.

Kommen wir nun zur Klassifizierung des Romans in eine der beiden oben von mir erstellten Kategorien:  ich zähle ihn zu den schwächeren Werken Laymons. Zum einen ist der Road Trip des jungen psychopathischen auf Frauen fixierten Killer nicht besonders originell und auch uns das, was uns am Ende als überraschende Obsession dargestellt wird, fand ich eher albern. Zum anderen ist die Lehrer- und Intelektuellenszene Kaliforniens der 70er Jahre so plump auf das Sexuelle simplifiziert, dass  man es selbst beim besten Willen nicht mehr als ironische Überspitzung lesen kann. Aber vielleicht irre ich mich ja auch und bei kalifornischen Lehrerpartys der 70er Jahre ging es nur ums Vögeln und Saufen und Laymon hat seine Erfahrungen aus jener Zeit, in denen er selbst als Lehrer und Bibliothekar gearbeitet, in diesem Roman autobiographisch verarbeitet. Dafür spricht, dass einer der Lehrer auch ein Doppelleben als erfolgreicher Schriftsteller, der unter Pseudonym schreibt, führt. Trotzdem  würde das den Roman auch nicht unbedingt besser machen.

Es gibt also in DIE KLINGE zu wenig Spannung und Originalität, dazu wird auch noch zu viel rumgepoppt. Doch wer einen Laymon aufschlägt, darf sich über letzteres nicht beschweren. Aber und jetzt kommt wieder das trotzdem aus dem ersten Absatz: es macht verdammt viel Spaß dieses Buch zu lesen. Man darf es nur an keiner Stelle ernst nehmen und keine große Literatur oder einen Meilenstein der Horror- bzw. Sereinkillerthrillerliteratur erwarten. Dann bekommt man nämlich das geliefert für das der Name Laymon fast immer steht: gute Unterhaltung - für die man nicht unbedingt sein Gehirn einschalten muss. 

Richard Laymon: Die Klinge 
Roman
Deutsche Erstausgabe
Titel der amerikanischen Originalausgabe: CUTS (1999)
Aus dem Amerikanischen von Marcel Häusler
Heyne Hardcore, März 2014
428 Seiten
9,99 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3453676503
auch als E-Book (8,99 €) erhältlich

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