Donnerstag, 25. Juli 2013

Joe R. Lansdale: Straße der Toten


Der texanische Autor Joe R. Lansdale wurde in den USA schon mit Preisen überhäuft. Er gewann allein achtmal den Stoker Award, darunter war 2011 den Preis für sein Lebenswerk. Und er hat all diese Preise zu Recht erhalten. Seit Mitte der 2000er Jahre haben dann auch die deutschen Verlage erkannt, was für ein großartiger Autor Lansdale ist und seitdem werden seine Bücher auch regelmäßig ins Deutsche übersetzt (Natürlich gab es auch schon vorher die ein oder andere Übersetzung, aber ab diesem Zeitpunkt geschieht es doch regelmäßiger). Seine Südstaaten-Thriller werden von den Krimi-Kritikern der Nation regelmäßig auf die vorderen Plätze der Krimi-Bestenliste gewählt. Aber Lansdale ist mehr als ein Thriller-Autor. Er bewegt sich in vielen Genres. Unter anderem auch im Pulp- und Horror-Bereich. Und aus diesem Bereich hat der Golkonda Verlag nun den Band STRASSE DER TOTEN herausgegeben.

STRASSE DER TOTEN ist ein Sammelband mit einem kurzen Roman, der Mitte der 1980er Jahre zum ersten Mal erschien, und vier längeren Erzählungen aus der zweiten Hälfte der 2000er Jahre, jeweils mit der Hauptfigur Reverend Mercer, einem zynischen und desillusionierten Prediger, dessen Gott nicht gut und gerecht ist. Wie Lansdale in Widmung und Vorwort selber schreibt, handelt es sich um eine Hommage an alte Pulp-Hefte wie Weird Tales und alte Comics wie Jonah Hex. Es sind sogenannte Weird Western, Western mit einem gehörigen Horroranteil also.

Im Roman DEAD IN THE WEST kommt der etwas andere Prediger Jebidiah Mercer (sein Werkzeug ist eher die Waffe als die Bibel) in die Stadt Mud Creek, wo vor kurzer Zeit in einem Akt vorschneller Selbstjustiz ein indianisches Heilerpaar von einem wilden Mob gelyncht worden ist. Vorher hat es der Medizinmann aber noch geschafft, die Bewohner des Ortes zu verfluchen. Und schon bald muss sich die Stadt und mit ihr der Reverend einer Horde Untoter erwehren, die des Nachts aus den Gräbern gekrochen kommt. Dem Reverend stehen im Kampf gegen die Untoten ein kleiner Junge, der Arzt des Ortes und dessen Tochter zur Seite. Wie man aus meiner kurzen Zusammenfassung hoffentlich erkennen kann, wird hier Pulp vom Feinsten geboten. Lansdale schwingt hier nicht die Edelfeder, sondern er lässt es richtig actionlastig krachen. Wer hier nach einem Sinn sucht, ist fehl am Platz. Was man aber bekommt, ist gelungene Unterhaltung, die förmlich nach einer Verfilmung schreit. Vielleicht erbarmt sich ja irgendein B-Filmer mal und tut mir den Gefallen.

Die erste Erzählung STRASSE DER TOTEN erschien ca. 20 Jahre nach DEAD IN THE WEST. Hier begleitet der Reverend einen Deputy bei der Überführung eines Gefangenen. Entgegen gut gemeinter Ratschläge benutzen sie die Straße der Toten, wo aufgrund eines indianischen Fluches ein getöteter Mörder und Vergewaltiger nicht seine letzte Ruhe finden kann und Passanten aus seinem Grab heraus angreift. Man merkt also, auch hier ein indianischer Fluch und Untote, gewaltige Parallelen zu DEAD IN THE WEST, die umso mehr auffallen, da die Erzählung direkt an den Roman anschließt. 


In DAS GENTLEMAN'S HOTEL kommen zu Vollmond sechs zur Kolonisationszeit getöte Konquistadoren aus ihren Gräbern und töten auf der Suche nach Nahrung alles, was ihnen in die Quere kommt. Das erfährt der Reverend übrigens von einem Geist in einem Bordell und natürlich machen die Kreaturen auch Jagd auf ihn. In DER SCHLEICHENDE HIMMEL bekommen wir es zum ersten Mal nicht mit aus Gräbern steigenden Dämonen zu tun. Diesmal wird ein durch einen Bann in einem Brunnen gefangen gehaltenes Ungeheuer befreit, dass schon diverse Bewohner des neben dem Brunnen stehenden Hauses getötet hat. Das Haus war dadurch natürlich als Spukhaus verrufen. Bei der letzten Geschichte TIEF UNTER DER ERDE bekommt Reverend Mercer nun eine ebenbürtige Partnerin, Flower, die ihm in einem Bergarbeiterkaff und der dazugehörigen Mine beim Kampf gegen böse Kobolde zur Seite steht.

Der Aufbau der Geschichten ähnelt sich sehr stark. Der Reverend kommt in eine Stadt (oder ein einzelnes Haus). Dort wird ihm von einem Einheimischen die Geschichte eines Fluchs oder anderer Verwünschungen erzählt und zum Schluss kämpft der Prediger mit den Dämönen, Werwölfen, Zombies oder Kobolden aus der eben gehörten Geschichte. Da merkt man die Hommage an Comic- und Pulp-Serien. Ein immer wiederkehrender Handlungsverlauf war zur Hoch-Zeit der Groschenromane typisch. In der letzten Geschichte kommt mit der Person Flower eine etwas andere Komponente ins Spiel, die diese Geschichte für mich zur besten des Bandes macht. 

Jede Geschichte für sich genommen ist Unterhaltung pur. Es macht eine Menge Spaß, sie zu lesen. Richtig hängen bleibt aber keine der Geschichten, dafür sind sie sich viel zu ähnlich und auch zu flach. Das ist zwar Absicht, aber auch die Crux an diesem Band. Wenn man das Buch in einem Rutsch liest, verlieren die Geschichten schnell ihren Reiz. Man weiß recht früh, wie die Geschichte weiter gehen und enden wird. Wahrscheinlich ist es besser das Buch alle drei bis vier Monate zur Hand zu nehmen und dann eine der Geschichten zu lesen. Dadurch hat man auch mal länger etwas von einem einzigen Buch.

Fazit: Mit Sicherheit nicht Lansdales bestes Buch (Ich empfehle hier mal kurz sein DIE WÄLDER AM FLUSS. Das dürfte in den Top Ten, der bisher von mir gelesenen Bücher platziert sein.), trotzdem sehr gut gemacht (Pulp-)Unterhaltung. Aber mehr wollen die Geschichten auch gar nicht sein. Und ein nicht ganz so guter Lansdale ist immer noch besser als die besten Werke manch anderer Autoren. Einzig die Ähnlichkeit der einzelnen Plots stört, wenn man das Buch am Stück liest.

Joe R. Lansdale: Straße der Toten
Originaltitel: Deadman's Road (2010)
Deutsch von Robert Schekulin & Doreen Wornest
Titelbild: Steffen Winkler
Golkonda Verlag, März 2013
285 Seiten
16,90 €

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