Freitag, 6. Dezember 2013

Thomas Fröhlich: Sherlock Holmes und das Geheimnis des Illusionisten



Öfter mal was neues. Ein Drama habe ich hier auch noch nie besprochen. Das liegt natürlich hauptsächlich daran, dass ich nicht so oft Dramen lese. Aber wenn der österreichische Autor Thomas Fröhlich eine Kurzgeschichte eines anderen, von mir sehr geschätzten, österreichischen Autors, Andreas Gruber, für die Bühne adaptiert, dann ist das für mich schon mehr als nur einen Blick wert.

Besagte Kurzgeschichte trägt den Titel „Glauben Sie mir, mein Name ist Dr. Watson!“ und ist 2006 in der von Alisha Bionda herausgegebenen Anthologie DAS GEHEIMNIS DES GEIGERS im Blitz Verlag erschienen.  Fröhlich hat aus den Motiven dieser  Story einen klassischen Dreiakter gemacht, der bei Evolver Books erschienen ist.

Im ersten Akt verschwinden während einer Vorstellung des Illusionisten Nyarlathotep im Beisein von Sherlock Holmes und Dr. Watson drei Personen: Mina Harker, Humphrey van Weyden und Edwin Drood.  Holmes ist also mitten in einem neuen Fall.  Im weiteren Verlauf tauchen die Verschwundenen zwar wieder auf, aber nicht unbedingt als die Personen, als die sie verschwunden sind.
Vielen werden die Namen der drei Personen etwas sagen. Mina Harker ist die weibliche Hauptperson in Bram Stokers „DRACULA“, van Weyden ist der Erzähler in DER SEEWOLF von Jack London und Drood ist eine Dickens-Figur.  Dazu kommt, dass Holmes,Watson und weiteres von Doyle bekanntes Personal auch literarische, also erfundene Personen sind.  Auch der Illusionist trägt den Namen einer literarischen Figur, und zwar aus dem Lovecraft-Universum. Diese und weitere Andeutungen an Klassiker der Kriminal- und Schauerliteratur machen die Lektüre zu einem Vergnügen für denjenigen, der einige der Anspielungen erkennt.  (Für diejenigen, die es nicht so mit der Geschichte der Genreliteratur haben, ist ein recht gutes Glossar im Anschluss an den Dreiakter zu finden).

Das erfundene literarische Personal und das Wort Illusion schon im Titel stellen klar, worum es in dem Stück geht. Um das Spiel von Illusion und Wirklichkeit. Dem Leser (oder dem Zuschauer) wird recht bald klar, worauf die Geschichte hinausläuft. Wo hört die Realität auf und wo beginnt die Illusion? Was ist Realität und was ist Illusion? Das sind die Fragen, die das Stück aufwirft.  Das sorgt zusammen mit den literarischen Anspielungen schon für ein paar interessante Lesemomente.

Aber als Kriminalstück verliert SHERLOCK HOLMES UND DAS GEHEIMNIS DES ILLUSIONISTEN. Zu einem Kriminalstück mit dem Meisterdetektiv schlechthin in der Titelrolle sollte schon ein bisschen Spannung und etwas logische Knobelei dazu gehören. Das sucht man hier aber vergebens. Es scheint fast so, als ob Thomas Fröhlich beim Spiel um literarische Andeutungen die eigentliche Kriminalhandlung aus den Augen verloren hat. Das ist schade. Denn sonst hätte aus einem ordentlichen Krimi-Drama ein sehr gutes werden können.

Im Nachwort lässt Andreas Gruber seine Begegnungen mit Thomas Fröhlich und Sherlock Holmes Revue passieren. Das ist nett zu lesen, bringt  aber keinen wirklich größeren Mehrwert und wirkt etwas wie ein Seitenfüller.

Wie das Ganze auf der Bühne wirkt, kann man sich übrigens auf Youtube ansehen (Link unten). Dort findet man nämlich eine Aufführung des Stücks vom Theater perpetuum aus St. Pölten, wo es im März 2013 uraufgeführt wurde.

Fazit: Kriminalstück mit literarischen Anspielungen, dass bei den literarischen Anspielungen und der aufgeworfenen Frage, was Illusion und was real ist, überzeugt, als Kriminalstück aber zu spannungsarm und vorhersehbar ist.

Thomas Fröhlich: Sherlock Holmes und das Geheimnis des Illusionisten
Ein Theaterstück
Evolver Books, Februar 2013
122 Seiten
12,00 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3950255867
(auch als E-Book erhältlich: 7,99 €)

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"Sherlock Holmes und das Geheimnis des Illusionisten" bei Evolver
Aufzeichnung einer Aufführung des Stücks vom Theater perpetuum in St. Pölten im März 2013 (youtube)

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