Donnerstag, 25. April 2013

Carsten Steenbergen: Teufelsacker



In Mönchengladbach gibt es nicht nur den mit Abstand großartigsten Fußballverein der Welt, auch der Autor Carsten Steenbergen lebt dort. Aber auch wenn mich der Titel an den Zustand mancher Bolzplätze in meiner Jugendzeit erinnert und auf dem Cover eine Raute prangt, hat der Roman, den er basierend auf seinem Hörspiel "Der Pilwiz" aus dem Jahr 2010 geschrieben hat, nichts mit Fußball zu tun. Es handelt sich nämlich um einen Mittelalterkrimi mit phantastischen Elementen, der im Jahre 1256 – und so schließt sich der Kreis – in und um die Abtei Gleidebach, dem späteren Gladbach, spielt.

Gleich zu Beginn wird der Leser Zeuge, wie drei Fuhrleute von einer übernatürlichen Kraft (einem Dämon?) überfallen werden. Nur einer der drei kann schwerverletzt überleben und schleppt sich zum Hof seines Bruders Bruno, der umgehend Hilfe aus der nahegelegenen Abtei anfordert. In dieser Abtei befindet sich auch der Protagonist der Geschichte: Heinrich von Kessel, Sohn des Landvogts, der bei den Mönchen den nötigen Schliff für seine zukünftige Rolle bekommen soll. Heinrich soll auf Geheiß seines Vaters die Felder der Umgebung nach dem Täter durchsuchen. Bruder Cornelius, der Mentor Heinrichs, hilft Bruno und seiner Familie bei der Versorgung des Verletzten. In ihm keimt der Verdacht, dass es sich bei dem Täter nicht um ein Wesen aus Fleisch und Blut handelt, sondern das hier dämonische Kräfte ihre Finger im Spiel haben. Aber keiner der Oberen, weder der Landvogt noch der Abt bzw. sein Vertreter Bruder Lothar wollen daran glauben. Auch als es weitere Opfer gibt und ein dubioser Wandermönch den Bauer Bruno bezichtigt, mit dem Teufel im Bunde zu sein, scheinen Cornelius und Heinrich die Einzigen zu sein, die den Ernst der Lage erkennen und sich dem Dämon stellen wollen. Gleichzeitig werden aber auch in der Abtei allerlei Intrigen gesponnen, die den Helden das Leben schwer machen.

Freitag, 12. April 2013

Marc Gore: The Terror Compilation



Manche Autoren wählen ihr Pseudonym mit Bedacht. Auch hier heißt es: Nomen est Omen. Der geneigte Leser kriegt das geboten, was der Name verspricht: Gore. In diesem Fall Marc Gore. Wer gerne mehr über den Autor erfahren möchte, dem lege ich nahe, dass Interview zu lesen, das Constantin Sauff für Die Loge mit ihm geführt hat. (Auch sonst ist die Seite gerade wegen der Interviews sehr zu empfehlen.) 

"The Terror Compilation" ist eine Storysammlung mit sechs Geschichten, die allesamt in den Jahren 2010 und 2011 entstanden sind. Die erste und längste ist "Monster Squad". Es handelt sich hierbei um eine chrom- und testosterongeschwängerte Hommage an Filme von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino. Ein beinharter Trucker hilft im Süden der USA einer schönen Latina, die auf der Flucht vor ihrem Verlobten, einem mexikanischen Gangsterboss, ist. Der besitzt auch noch schwarzmagische Kräfte und befehligt eine ganze Zombiearmee. Die nächsten fünf Stories sind um einiges kürzer. - "Psycho Route 666" erzählt von einem Serienkiller, der seit geraumer Zeit auf seinen Touren die Route 66 entlang seine weiblichen Opfer sucht. Diesmal scheint er aber an die Falsche geraten zu sein. - "The Terror of Alabama" ist eine typische Slasher-Story. Eine Gruppe Jugendlicher verirrt sich in einem Wald und wird von einer degenerierten Redneck-Familie niedergemetzelt. - "Creature in the Cellar" stellt ein neunjähriges Mädchen in den Mittelpunkt, dessen Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind und die nun bei ihren bösen Stiefeltern leben muss. Neben körperlicher Gewalt ist das größte Druckmittel der Stiefeltern das "Monster im Keller". Aber für wen das erfundene Monster am Ende gefährlicher ist, wird sich zeigen. - "The Butterfly Ladies" ist eine Vampirstory. Ein Schmetterlingsforscher bringt sogenannte Schmetterlingselfen aus Schottland mit in sein Haus. Diese gefährliche Vampirart wird durch einen Bann in seinem Arbeitszimmer gefangen gehalten. Seine allzu neugierige Haushälterin stellt ein Problem dar: Was passiert, wenn sie aus Versehen oder absichtlich den Bann löst? - Und die letzte Geschichte trägt den Titel "Alien Carnage". Einem Forscher gelingt es, eine Maschine zu konstruieren, die es ermöglicht für kurze Zeit außerirdische Wesen auf der Erde zu materialisieren. Mit Hilfe dieser nicht unbedingt freundlich gesinnten Wesen schafft er sich einen Nebenbuhler aus dem Weg. Die Frage ist, ob er auch wirklich alle Eventualitäten bedacht hat.

Mittwoch, 10. April 2013

Edward Lee: Innswich Horror



Edward Lee ist also der erste Autor von dem hier ein zweites Werk von mir besprochen wird. "Haus des bösen Blutes" ist bei mir eigentlich recht gut angekommen. Nun also "Innswich Horror", 2012 bei Voodoo Press und nicht wie später üblich, bei Festa erschienen. Der Titel und auch das Titelbild von Christian Krank legen schon nahe, dass der Roman im "Lovecraftschen Universum" angesiedelt ist. Und richtig: Es handelt sich um eine Hommage an H. P. Lovecrafts "Schatten über Innsmouth". 

1939, zwei Jahre nach dem Tod seines Idols H. P. Lovecraft, macht sich der schwerreiche Foster Morley von Providence aus auf den Weg, um mit einer Busfahrt den Spuren seines Vorbilds zu folgen. Er fährt die gleiche Strecke, die  Lovecraft vermutlich auch gefahren ist, als er für seine Geschichte "Schatten über Innsmouth" recherchiert hat. Für ihn überraschend, hält der Bus in dem, auf keiner Landkarte verzeichneten Ort Olmstead. Überraschend deswegen, weil in den Notizen Lovecrafts angeblich Robert Olmstead der Name des in der fertigen Story namenlosen Protagonisten von "Schatten über Innsmouth" ist. Er findet schnell heraus, dass Lovecraft in der Stadt gewesen ist. Außerdem scheint der Ort sehr fruchtbar zu sein. Fast jede  Frau, die er trifft, ist schwanger. So auch Mary, die er in einem Laden kennen lernt und die ihm sofort gefällt. Von Mary erfährt er, dass ihr Bruder Lovecraft damals durch den Ort geführt hat und ein Fotograf namens Cyrus Zalen noch Fotos von Lovecraft haben könnte. Dieser Zalen entpuppt sich als äußerst dubios und nährt mit seinen Andeutungen immer mehr den Verdacht, der in Foster Morley aufkeimt: Olmstead ist das Vorbild für Innsmouth und die Vorfälle, die Lovecraft in der Erzählung beschreibt, sind vielleicht nicht nur seiner Phantasie entsprungen. 

Edward Lee versucht sich also an einer möglichen Erklärung, wie "Schatten über Innsmouth" entstanden sein könnte. Natürlich ist es eine Erklärung, die dem Genre angemessen ist. Der Roman schafft durchaus so etwas wie "Lovecraftsche Atmosphäre". Da ist ein gebildeter Ich-Erzähler, der plötzlich in eine Situation gerät, die er sich weder in seinen wildesten Alpträumen vorgestellt hat, noch hat er auch nur den Ansatz einer Erklärung für die unerklärlichen Geschehen um sich herum. Wie bei Lovecraft wird  das Grauen eher  langsam aufgebaut. Die Stimmung wird immer bedrohlicher.

Man merkt, dass Edward Lee ein profunder Kenner von Leben und Werk HPLs ist. Aber Edward Lee versucht nicht Lovecrafts Stil zu kopieren, sondern er transponiert  ihn in einen modernen Horrorroman. Natürlich gibt es Lee-typische Gewalt- und Sexdarstellungen, diesmal aber eher dezent und bei weitem nicht so plakativ wie in seinen anderen Werken. 

Edward Lee hat mich einmal mehr überrascht. Er versteht es wirklich so zu schreiben, dass man von seiner Geschichte gefesselt ist. Mit diesem Buch hat er einen Roman geschaffen, der sowohl hartgesottenen Lee-Fans als auch traditionellen Lovecraft-Anhängern gefallen könnte (wobei das eine das andere keinesfalls ausschließt, wie der Verfasser dieser Zeilen beweist). Jeder, der denkt Lee könnte nur Ekel und Schock, sollte sich dieses Buch zu Gemüte führen. Und noch einen anderen Nebeneffekt hat das Buch. Es macht unheimlich Lust, mal wieder etwas vom guten alten H. P. Lovecraft in die Hand zu nehmen. Ich habe gleich mal die Hörspieladaption von "Der Schatten über Innsmouth" aus der Reihe Gruselkabinett geordert. 

Fazit: Lovecraft-Hommage mit Bezug zu "Schatten über Innsmouth". Es gibt eigentlich nix zu meckern. Gutes Buch. Lesen!

Edward Lee: Innswich Horror
Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke
Titelbild: Christian Krank
Voodoo Press, August 2012
179 Seiten
12,95 €
ISBN: 978-3902802149

Freitag, 5. April 2013

Rona Walter: Kaltgeschminkt




Gleich drei Romane aus dem Luzifer Verlag sind in der Kategorie Bester Roman 2012 für den Vincent Preis, den deutschen Horrorliteraturpreis, nominiert. Neben dem von mir schon besprochenen "Graues Land- Die Schreie der Toten" und Vincent Voss' "172,3" (letztes Jahr noch in Prä-Blog-Zeiten gelesen) auch der Debütroman der Autorin Rona Walter, "Kaltgeschminkt". Ich-Erzähler des Romans ist Harris McLiod, ein junger Schotte, der kurz vor Abschluss seiner Bestatterlehre einen bewusst herbeigeführten Totschlagsanschlag knapp überlebt. Nicht ohne vorher noch im Jenseits vor eine weitreichende Entscheidung gestellt zu werden. Im Gegensatz dazu wird sein Lehrherr umgebracht. In einem einsamen Manor führt McLiod nun sein eigenes Bestattungsunternehmen bis eines Tages James Beastly vor seiner Tür steht. Einer seiner Vorgänger bei seinem alten Lehrmeister. Dieser nimmt ihn mit nach Hamburg, weil er denkt, dass McLiod der einzige ist, der ihm bei einem besonders schweren Fall helfen kann. In Hamburg angekommen verfällt er sogleich der schönen Partnerin Beastlys, Rachelle Hammerstein. Nur das sie nicht einfach nur eine schöne Frau zu sein scheint, sondern ein anderes Wesen... Auch der Auftrag Beastlys scheint mehr zu sein, als es den Anschein hat. Vielmehr geht es darum, dass McLiod der mögliche Nachfolger Beastlys ist, der für dubiose Auftraggeber frisch Verstorbene auf eine spezielle Art für die letzte Reise vorbereiten soll...

"Kaltgeschminkt" ist vor allem eins: originell. Hier wird mal ein Plot jenseits ausgetretener Pfade entwickelt. Keine Zombies, keine Vampire, keine wahnsinnigen Serienkiller. Nein, man bekommt es mit Blutfeen und einer interessanten Jenseits-Mythologie zu tun, die ihre Wurzeln wohl in der schottischen Sagenwelt haben. Da macht es sich bemerkbar, dass die Autorin gebürtige Schottin ist. Der Protagonist ist kein strahlender Held, sondern eher das Gegenteil. Ein depressiver Loser, der weinerlich ist und einem mit seiner gestelzten Ausdrucksweise gehörig auf den Sack gehen kann. Bestatter als Hauptfiguren in unheimlichen Romanen scheint gerade ein kleiner Trend zu sein. Auch in Markus Heitz "Oneiros" ist der Protagonist einer, dieser passt aber eher in Kategorie"strahlender Held". Ein für den Gruselbereich interessanter Berufszweig, der in der Vergangenheit viel zu selten beachtet wurde. Da lassen sich bestimmt noch andere interessante Geschichten zusammenspinnen.

Donnerstag, 4. April 2013

Michael Siefener: Der schwarze Atem Gottes




Horror-Romane die in der Frühen Neuzeit spielen, gibt es nicht allzu viele. Dabei bietet sich dieses Zeitalter doch geradezu an. Was, wenn an Hexerei- und Teufelswerk-Geschichten doch etwas dran ist, wenn wirklich finstere, dämonische Mächte versucht haben in jenen Zeiten die Kontrolle über die Welt zu erlangen. Durchaus Möglichkeiten die kreative Leute interessieren könnten. Stattdessen benutzen die meisten Autoren ihre Phantasie um das Mittelalter so realistisch wie möglich darzustellen (in ihren Augen jedenfalls) und schmücken ihre Geschichten eher mit unrealistischen Liebesgeschichten a la "Die Wanderhure" als mit möglichen phantastischen Elementen.


Michael Siefener versucht sich in "Der schwarze Atem Gottes" aber an einem phantastischen Mittelalter-Roman. Der Roman spielt im ausgehenden 16. Jahrhundert und die Protagonisten sind, wie es sich für einen Genre-Roman der in dieser Zeit spielt, gehört, Mönche. Der Hexenschnüffler Pater Hilarius, der zusammen mit zwei benediktinischen Mitbrüdern, Martin und Suitbertus, im Auftrag der heiligen Inqisition unterwegs ist, wird von Schergen des Grafen Albert von Heilingen angegriffen und gelangt später auch in die Gewalt des Grafen. Ihm wird mitgeteilt, dass er eine herausragende Rolle in der bevorstehenden Apokalypse haben wird, die vom schwarzen Atem Gottes ausgehen wird. Bruder Martin versucht dem Pater zu helfen und bekommt bei der Verfolgung des Paters Unterstützung von einer Straßendirne, einem undurchsichtige Gaukler namens Federlin und einer vagabundierenden Schauspielertruppe. Nach einer lngen Reise aus dem Frankenland wird sich dann im Prag Rudolph II. das Schicksal der Menschheit entscheiden.